Der „Christopher Street Day“ (CSD) erinnert an den 27. Juni 1969, als Homosexuelle, vor allem trans* People of Color (PoC), und andere sexuelle Minderheiten gegen Polizeiwillkür protestierten. Anlass für die folgenden tagelangen Straßenschlachten waren wiederholte, gewalttätige Razzien in der Bar „Stonewall Inn“ in der Christopher Street im Stadtteil Greenwich Village von New York. Die Erinnerung an diesen Tag jedes Jahr aufs Neue aufflammen zu lassen, heißt auch, sich an den Beginn eines neuen, stolzen Selbstbewusstseins zu erinnern.
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Und seitdem stellt sich die Frage an unsere Gesellschaft: Habt ihr uns in eurer Mitte aufgenommen? Leider nicht. Wie kann es sein, dass wir immer noch nach Rechten streben, die für euch bereits alltäglich sind? Erkennt uns an! Wir sehen im Menschsein auf dieser Erde nämlich keine Unterschiede, die eurer expliziten Legitimierung bedürfen!
Lasst uns für Sichtbarkeit in der Öffentlichkeit und auf den Straßen sorgen. Unabhängig davon, wie schwer oder leicht es uns fällt. Lasst uns ein diverseres Stadtbild schaffen, in dem es nicht mehr auffällt, wer wen küsst, wer wessen Hand hält oder wer wem Rosen kauft. Es darf nicht sein, dass wir auf den Straßen verprügelt, diffamiert, angepöbelt und sexuell belästigt werden.
Um queerfeindlichen und damit demokratiefeindlichen Gruppierungen etwas entgegenzusetzen, muss Bremerhaven ganz deutlich Flagge zeigen!
Wir fordern von den Entscheider*innen der Stadt Bremerhaven und von der Bremerhavener Zivilgesellschaft ein klares Bekenntnis gegen homo- und demokratiefeindliche Kräfte.
Wir fordern, dass Bremerhaven dem „internationalen Netzwerk Rainbow Cities“ beitritt und LGBTIQ-Themen in die eigene Agenda aufnimmt.
Wir fordern, dass Bremerhaven den Landesaktionsplan von 2015 gegen Homo-, Trans*- und Interphobie und für LGBTIQA+-Rechte im Land Bremen nicht länger ignoriert und endlich auch in der Seestadt umsetzt.
Inmitten einer polarisierten Gesellschaft, Facetten an sich selbst zu entdecken, die nicht dem heteronormativen Bild entsprechen, kann beängstigend sein. Wie gehe ich damit um? Wie gehe ich mit mir um? Das Beratungsangebot ist definitiv nicht ausreichend. Wir sind nicht krank!
Obwohl Bremerhaven zum Bundesland Bremen gehört, werden wir häufig vergessen oder nur mitgemeint. Jugendliche aus Bremerhaven müssen nach Bremen fahren, um Ansprache zu erhalten und dabei die Fahrtkosten selbst tragen. Außerdem können Beratungen teilweise nur in den Schulferien wahrgenommen werden, da sich die Beratungszeiten mit den Schulzeiten überschneiden.
Wir fordern ein eigenes und umfassendes Beratungsangebot innerhalb von Bremerhaven.
Das queere Leben in Bremerhaven muss attraktiver gestaltet und sichtbarer gemacht werden, auch für die Jugend. Bremerhaven muss sich deutlich zu queeren Themen positionieren.
Wir fordern von den politischen Entscheider*innen, die queere Community in Bremerhaven konkret und umfassend finanziell auszustatten.
Wir fordern ein Queeres Zentrum für Bremerhaven! Ein Queeres Zentrum hätte eine überregionale Strahlkraft, die sich positiv auf die Stadt Bremerhaven auswirken würde.
Wir fordern den Senat der Freien Hansestadt Bremen auf, den Fokus auch auf die queere Landschaft in Bremerhaven zu richten und die Ideen unserer Initiativen vehementer zu unterstützen. Der Senat muss das Versprochene endlich umsetzen und Geld für Räume und Stellen in die Hand nehmen!
Als Partnerstadt sind wir Stettin sehr verbunden. Aus unserer freien gesellschaftspolitischen Lage heraus möchten wir jedoch auf die fehlenden Rechte unserer queeren Familie in Polen aufmerksam machen.
Wir fordern, dass der Magistrat darauf hinwirkt, dass Stettin alle diskriminierenden Entscheidungen hinsichtlich der sogenannten „LGBT-freien Zonen“ zurücknimmt!
Siehe auch beim LSVD: “LSBTI-freie Zonen” in Polen - Steigender Hass im Nachbarland
Wir als CSD Bremerhaven wollen queeren Menschen eine Plattform bieten, um sich gemeinsam gegen Diskriminierung stark zu machen und für sich einzustehen. Wir stehen hier, um Präsenz zu zeigen: Es gibt uns! Das Menschsein hat viele Facetten! Von Diversität lebt unsere Gesellschaft. Deshalb kämpfen wir für unsere Rechte und für Akzeptanz.
Wir wollen Vorbilder sein für alle, die im Herzen mit uns vereint sind! Wenn LGBTQIA+ diskriminiert und bedroht werden, dann ist dies eine Bedrohung für den Stadtfrieden und unsere Innovationskraft. Es ist ein Angriff auf die Freiheit unserer Zivilgesellschaft. Auch trans*feindliche Taten müssen als Hassverbrechen eingestuft und juristisch behandelt werden.
Wir fordern ein Ende von Bedrohungen, Diskriminierungen, Hass und Gewalt gegen LGBTQIA+, sowohl auf der Straße wie auch im Netz, sowie eine höhere Sensibilisierung für queere Themen!
Der CSD ist eine politische Demonstration. Für die Rechte von Schwulen, Lesben, Bisexuellen, Trans*-, Inter*- sowie Asexuellen (LGBTQIA+) gehen wir gemeinsam mit ihnen auf die Straße. Wir wollen mit einer bunten Parade auf uns zeigen und unsere queere Identität feiern. Wir sind genau so richtig, wie wir sind!
Wir fordern, dass unsere Rechte bis zur Gleichstellung erweitert, bewahrt und wirksam durchgesetzt werden.
Wir alle möchten uns im Grundgesetz unser Bundesrepublik Deutschland wiederfinden. Dies ist in Artikel 3, Absatz 3 noch nicht der Fall. Queere Minderheiten erhalten noch immer keinen verfassungsrechtlichen Schutz – im Gegensatz zu heterosexuellen und cis*geschlechtlichen Mitmenschen. Dadurch fallen Gewalttaten durchs Raster und können nicht aufgearbeitet werden.
Wir fordern eine rechtlich volle Gleichstellung von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, trans*-, inter*- und asexuellen Menschen. Der Artikel 3, Absatz 3, des Grundgesetzes soll daher erweitert werden um die Merkmale “sexuelle und geschlechtliche Identität”. Es soll im Grundgesetz heißen: “Niemand darf wegen … seiner sexuellen oder geschlechtlichen Identität… benachteiligt oder bevorzugt werden.“
Die Trennung von Kirche und Staat muss konsequent durchgesetzt werden. Gerichte dürfen weder die Bibel, noch andere religiöse Texte als Grundlage zur Urteilsfindung verwenden, sondern nur und ausschließlich das geltende Gesetz. Denn uns ist der Respekt und die Akzeptanz untereinander ein immens wichtiges Gut! Jede Art der Lebensweise sollte respektiert werden. Kein Mensch hat das Recht, sich über die friedvolle Art der Liebe anderer hinwegzusetzen und darüber zu urteilen - weder im eigenem noch in Gottes Namen!
Die grundgesetzlich garantierte Menschenwürde (Art. 1 GG) und die Freie Persönlichkeitsentfaltung (Art. 2 GG) sowie die Gleichheit vor dem Gesetz (Art. 3 GG) dürfen nicht durch religiös geprägte Anschauungen außer Kraft gesetzt oder verwässert werden.
Wir fordern eine klare Verurteilung wegen Volksverhetzung des evangelikalen Bremer Pastors Olaf Latzel auf der Grundlage des Art. 3 GG!
Fremde Kinder können seit der Ehe für alle 2017 auch in gleichgeschlechtlichen Ehen gemeinsam adoptiert werden. Im Abstammungsrecht gibt es allerdings immer noch Unterschiede zu verschiedengeschlechtlichen Paaren, was Auswirkungen auf die rechtliche Absicherung des Kindes hat. Wird ein Kind in einer lesbischen Ehe mittels künstlicher Befruchtung geboren, ist das Kind zum Zeitpunkt der Geburt rechtlich lediglich über das Frau abgesichert, dies es auch zur Welt gebracht hat.
Die nicht-leibliche Mutter ist gezwungen, eine Stiefkind-Adoption zu erwirken, um die Beziehung zwischen Eltern und Kind auch rechtlich abzusichern. Dieses Verfahren dauert unterschiedlich lang. Das Kind hat über die Dauer dieses Verfahrens rechtlich lediglich ein Elternteil.
Wir fordern, queere Paare und Familien vollständig gleichzustellen und das Abstammungs- und Familienrecht zu ändern, sodass automatisch bei der Geburt beide Frauen rechtlich als Mütter anerkannt werden!
Geschlechtliche Selbstbestimmung gehört zu einem menschenwürdigen Leben und muss gesetzlich anerkannt werden. Es ist diskriminierend, dass Transsexualität immer noch durch das Transsexuellengesetz (TSG) zur Krankheit mit psychiatrischer Diagnose erklärt wird. Es darf nicht sein, dass trans* Personen drei Jahre für ein entscheidendes Gutachten warten müssen. Des Weiteren ist das Gutachten durch den Endokrinologen, in dem der eigene Leidensdruck geltend gemacht werden muss, ein sehr unangenehmer und schmerzhafter Prozess.
Wir fordern die schnelle Umsetzung des Selbstbestimmungsgesetzes und mehr Aufklärung in Bremerhaven!
Um eine Hormonbehandlung zu beginnen, sind Endokrinolog*innen unabdingbar! Diese sind in Bremerhaven aber nicht ansässig, wodurch die medizinische Grundversorgung für trans* Personen nicht gewährleistet ist. Auch zur Weiterbehandlung (neue Rezepte) müssen Fahrten nach Bremen auf sich genommen werden.
Weiterhin hinterlässt die Verschleierung von Krankenkassen über die tatsächliche Notwendigkeit einzureichender Dokumente, wie z. B. das Gutachten zur Namensänderung, schmerzhafte Wunden, da hiermit der Zugang zu Operationen bewusst zeitlich verzögert wird. Zudem wird es trans* Personen derzeit erschwert, die Kosten der Behandlungen einzureichen.
Wir fordern eine medizinische Grundversorgung in Bremerhaven für trans* Personen und eine offene Kommunikation aller beteiligten Instanzen! Zudem fordern wir, dass der Prozess der Kosteneinreichung vereinfacht wird und die Kostenübernahme ausgeweitet wird!
Im Zusammenhang mit der gendergerechten Sprache gibt es nun auch neue Pronomen innerhalb unserer Community. Viel zu oft fallen diese nicht mehr unter die Rubrik divers. Es gilt zu akzeptieren, dass wir nicht mehr am Aussehen einer Person deren Pronomen bestimmen können. Jede*r von uns möchte mit den richtigen Pronomen angesprochen werden! Alle können mit gutem Beispiel vorangehen, für eine Verbreitung sorgen und so die Bedürfnisse – unter anderem von nicht-binären Menschen – ernst nehmen.
Wir fordern, dass neue Pronomen ernst genommen, akzeptiert werden und mehr Verwendung finden!
Auch innerhalb der Community fordern wir einen Stopp der Diskriminierung. Unser Aussehen, die Art, zu leben oder uns zu präsentieren, ggf. unsere Behinderung oder unsere chronische Erkrankung darf nicht beleidigt oder belächelt werden. Es ist inakzeptabel, dass wir uns – online wie offline – des Menschseins entwürdigen. Unsere eigene Sicht auf die Welt sollten wir in keinem Fall mit der Sicht anderer vergleichen. Wir stecken niemals in der Haut eines anderen. Wir sollten Menschen mit Mehrfachdiskriminierung einen Raum geben, sich mitzuteilen. Es ist an uns, zuzuhören anstatt Unverständnis zu zeigen.
Wir fordern auch innerhalb der LGBTQIA+- Community einen bewussteren und umsichtigeren Umgang mit Mehrfachdiskriminierungen!
Jeder Mensch soll frei über den eigenen Körper bestimmen dürfen. Nach deutschem Recht handelt es sich bei einem Schwangerschaftsabbruch noch immer um eine Straftat und bleibt nur unter bestimmten Voraussetzungen straffrei. Der Frau wird damit die Möglichkeit zur selbstbestimmten Entscheidung genommen.
Wir fordern die Abschaffung des § 218 Strafgesetzbuch.
Autokratische Staaten zeigen ihr wahres Gesicht stets auf die gleiche Weise: indem zuerst Minderheiten diskriminiert werden. Die Mehrheit schweigt zu vermehrtem Hass und Gewalt, der demokratische gesellschaftliche Zusammenhalt beginnt zu bröckeln, die Zivilgesellschaft gibt es dann nicht mehr. Beispiele hierfür sind Russland, Polen und Ungarn.
Jede*r einzelne ist plötzlich grundlos der Willkür der Mächtigen ausgesetzt. Dass hierzulande Lügen, Fake News und Hetze populär werden, ist gefährlich. Unsere Freiheit sichert die Freiheit aller Bürger*innen.
Wir fordern mehr Bewusstheit über den Ernst der Lage. Wehret den Anfängen!
Wir stehen hier auch für Geflüchtete, besonders im queeren Spektrum, ein. Lange Wartezeiten für Sprachkurse und die Ungewissheit über den Ausgang des eigenen Asylantrags. Die zusätzlich vorgeschriebene Arbeitslosigkeit behindert eine schnelle sprachliche, soziale und ökonomische Integration. Die nicht annähernd ausreichenden Ressourcen im Rahmen humanitärer und psychologischer Hilfe müssen dringend aufgestockt werden!
Wir fordern, dass humanitäre Landesaufnahmeprogramme unverzüglich neu aufgelegt werden und LGBTQIA+ als hoch gefährdete Gruppe ausdrücklich berücksichtigt werden! Zudem fordern wir ein schnelleres Asylverfahren sowie mehr Integrationsangebote!